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Meister Nishijima praktiziert Buddhismus seit über 60 Jahren. Er war Schüler von Meister Kodo Sawaki, einem japanischen umherziehenden Priester, der berühmt dafür war unermüdlich zu betonen, dass die Praxis des Zazen ihren richtigen zentralen Platz im Buddhismus erhält und der selbst intensiv praktizierte. Meister Nishijima wurde von Meister Renpo Niwa als Priester ordiniert, der später als Abt den Zentraltempel des Soto-Buddhismus leitete. Nishijima Roshi hat viele Bücher über Buddhismus u.a. von Dogen sowohl in Japanisch als auch in Englisch geschrieben. Über einen Zeitraum von mehr als 20 Jahren hat er in Japanisch und Englisch viele Vorträge gehalten, Seminare und Sesshins geleitet sowie genaue Anweisungen zum Buddhismus und vor allem zum Zazen gegeben. Deutsche Fassung: Yudo J. Seggelke

Dienstag, 9. April 2013

Untersuchung der Skandhas (Komponenten) des Menschen und der Welt, Nagarjuna, MMK, Kapitel 4


Nach buddhistischer Lehre, der Nagarjuna hier folgt, kann man die Welt in fünf Bereiche einteilen, die auf Sanskrit Skandhas heißen und hier Komponenten genannt werden. Es handelt sich um Folgende: Materie/Körper, Sinneswahrnehmung, Denken, Handeln und Bewusstsein. Dabei entspricht die materielle Seite der äußeren Welt. Die Sinneswahrnehmungen bezeichnen die Fähigkeit, Informationen aus der Welt aufzunehmen. Letztlich handelt es sich dabei um Reizimpulse, die von unseren Sinnesorganen in Informationen über die Außenwelt umgewandelt werden und damit nicht zu letzt unser Überleben mit der Welt sichern.

Durch Denken erschließen wir vor allem den Inhalt und auch die Bedeutung dessen, was wir wahrnehmen. Dabei sind logische Verknüpfungen und andere Prozesse des denkenden Gehirns maßgeblich. Von zentraler Bedeutung ist das Handeln im Augenblick, denn es ist die Grundlage unseres Lebens und Überlebens. Denken und Wahrnehmung können wir daher eher als Hilfsfunktionen des Lebens bezeichnen. Das Bewusstsein ergibt sich vor allem aus der Kombination von Denken und Wahrnehmung.

Die Lehre von den Skandhas geht also über die materielle Sicht und das materielle Verstehen der Welt hinaus. Die Skandhas schließen Denken, Handeln und Bewusstsein mit ein. Sie verbinden Materie mit Bedeutung. Man darf die Skandhas allerdings nicht als getrennte Bereiche verstehen, sondern sie bilden nach der buddhistischen Lehre und Praxis wiederum eine umfassende Einheit. Auf der Ebene der buddhistischen Wirklichkeit kann es daher keine Trennung zwischen Körper und Geist, Materie und Geist usw. geben. Das ist genau die Lehre des Mittleren Weges.

Nagarjuna untersucht in diesem Kapitel als nächstem Schritt seiner umfassenden Lehre des Mittleren Weges die Materie oder Form, sie dient als Beispiel für die fünf Skandhas (Komponenten) des Universums und des Menschen.

Vers 1
Wenn Form und Inhalt getrennt sind, kann sich nicht einmal die wirkliche Form manifestieren.
Der Inhalt manifestiert sich nicht wegen der Form, aber er ist nicht unabhängig von der Form, denn Form und Inhalt bilden immer eine Einheit.
Im vorherigen Kapitel wurden die Grenzen der materialistischen Dimension aufgezeigt, welche die Form vom Inhalt trennt. Die Wirklichkeit besteht immer sowohl aus der Form als auch dem Inhalt. Beide können nicht getrennt werden und bilden eine unauflösbare Einheit.

Vers 2
Wenn Form und Inhalt (fälschlich) getrennt sind, verengt sich die Sichtweise des Menschen auf die Form. Dadurch entsteht das materialistische Weltbild, das immer nur ein Teil der Wirklichkeit ist und meist zur Verödung des spirituellen Lebens führt.

In dieser Welt existiert nichts ohne die Vernunft. Aber durch die Fixierung auf Ziele wird gegen die Vernunft verstoßen, insbesondere wenn Ziele egoistisch und von der Gier gesteuert sind. In unserem gewöhnlichen Leben unterscheiden wir allerdings selten zwischen Tatsachen und angestrebten Zielen sowie erzielten Ergebnissen. Dann steuern die Ziele unser Denken, das dann aber nicht mehr den Gesetzen der Vernunft und Logik folgt.

Fehlerhafte Ideen führen zu falschem und oft unmoralischem Handeln. Insofern haben derartige Ideen eine sehr begrenzte Realität, die aber von der wahren Wirklichkeit stark abweicht.

Vers 3
Im Denken können wir Form und Inhalt trennen. Obwohl wir sie als getrennt ansehen, sind sie in Wirklichkeit eine unteilbare Einheit.
Etwas Unlogisches, das z.B. gegen das Gesetz von Ursache und Wirkung verstößt, kann niemals in der Welt existieren. Wenn wir an etwas Unlogisches glauben bedeutet dies nach Nagarjuna, dass wir geistig unklar sind. Danach gibt es keine Inhalte, die unlogisch und gegen die Vernunft sind; die Inhalte sind die mentale Seite der Wirklichkeit.

Vers 4
Es ist nicht sinnvoll zu sagen, dass der Inhalt, also z.B. der Geist oder die Bedeutung in der Form enthalten ist. Genausio unsinnig ist es zu sagen, dass der Inhalt nicht in der Form enthalten ist. Beide Aussagen basieren auf dem Irrtum, dass Form und Inhalt etwas Verschiedenes sind und dass es Fälle gibt, in denen der Inhalt in der Form existiert oder nicht in der Form existiert.

In der Wirklichkeit sind Form und Inhalt unauflösbar miteinander verbunden und bilden eine Einheit. Nur auf der Ebene des Denkens und der Worte können wir also Inhalt und Form unterscheiden: es handelt sich nur um zwei Sichtweisen der Einheit.

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