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Meister Nishijima praktiziert Buddhismus seit über 60 Jahren. Er war Schüler von Meister Kodo Sawaki, einem japanischen umherziehenden Priester, der berühmt dafür war unermüdlich zu betonen, dass die Praxis des Zazen ihren richtigen zentralen Platz im Buddhismus erhält und der selbst intensiv praktizierte. Meister Nishijima wurde von Meister Renpo Niwa als Priester ordiniert, der später als Abt den Zentraltempel des Soto-Buddhismus leitete. Nishijima Roshi hat viele Bücher über Buddhismus u.a. von Dogen sowohl in Japanisch als auch in Englisch geschrieben. Über einen Zeitraum von mehr als 20 Jahren hat er in Japanisch und Englisch viele Vorträge gehalten, Seminare und Sesshins geleitet sowie genaue Anweisungen zum Buddhismus und vor allem zum Zazen gegeben. Deutsche Fassung: Yudo J. Seggelke

Mittwoch, 11. September 2013

Untersuchung der Einheit und Verschmelzung (Samsarga pariksha), Nagarjuna, MMK, Kapitel 14


 Genau im Augenblick gibt es den Vorgang des Handelns selbst, während Überlegungen, unterscheidendes Denken, abstrakte Vorstellungen, Beschreibungen usw. erst danach in unserem Gehirn entstehen können. Im Augenblick des Handels selbst gibt es also ein Einssein und eine Verschmelzung von Körper-und-Geist, wobei der einfache Vorgang des Handelns im Mittelpunkt steht.

Wir können uns dies am Beispiel eines Balles verdeutlichen, den wir werfen: Wenn wir den Ballwurf ausführen, haben wir zwar ein gewisses mitlaufendes Bewusstsein, aber der Vorgang selbst ist eine verschmolzene Einheit von Köper-und-Geist, eine Unterteilung in abstrakte Ideen, beabsichtigte Ziele und dergleichen gibt es noch nicht. Der Vorgang läuft mit Körper-Intelligenz und intuitiver Klarheit einfach ab, und wenn die intuitive Klarheit im Augenblick wirksam ist, wir also vorher trainiert haben, passt alles zusammen. Wenn wir einem Ballwurf zuschauen, ruft dies sicher auch Assoziationen und Gedanken in uns hervor und wir haben vielleicht auch eine Vorstellung von dem Prozessablauf: wie sich der Ball bewegen wird, welche Flugbahn er also vollzieht usw.. Vorstellungen des zeitlichen Prozessablaufes, visuelle und sonstige Wahrnehmungen, Vergleiche mit anderen Würfen und auch emotionale Bindungen wie Hoffnungen, dass der Ball vielleicht das Ziel treffen wird usw. sind alle sekundär und im Augenblick des Wurfes nicht vom Handeln getrennt, sie sind mit dem Handeln verschmolzen

Abstrakte Vorstellungen und auch Bezeichnungen für das Handeln sind sekundär und nicht das Handeln selbst. Dasselbe gilt für Bilder und Absichten.

Im Buddhismus gehen wir davon aus, dass Handeln und alle übrigen abstrakten oder bildhaften Bereiche zu einer Einheit verschmolzen sind. Es ist auch nicht so, dass sie zunächst getrennt sind und sich dann später verbinden. Auch das Trasining verläuft in der verschmolzenen Einheit.

Vers 1
Wenn ein Mensch etwas sieht, scheint es drei Bereiche zu geben: das Objekt, das gesehen wird, der Mensch der sieht und der Vorgang des Sehens selbst. Diese Bereiche haben jeweils unterschiedliche Charakteristika, sodass wir sie häufig als verschieden verstehen und wahrnehmen. Vielleicht konzentrieren wir uns auch nur auf einen bestimmten Bereich z.B. den Menschen, wenn er etwas unternimmt oder handelt.

Verschmelzung bedeutet jedoch, dass die drei Bereiche Objekt, sehen und Mensch eine Einheit bilden und auch niemals getrennt waren.

Vers 2
Wirkliche Anregungen, die Bedingungen und Ursachen der Anregungen und der Vorgang angeregt zu sein, sind mit Freude verbunden.

Wenn wir aber von den Erregungen abhängig sind, leiden wir jedoch oft z.B. weil wir befürchten, dass die Freude und positive Erregung zu Ende gehen und ins Gegenteil umschlagen. Aber es gibt verschiedene Möglichkeiten und Orte, die frei von solchen Leiden und Schmerzen sind. Im Buddhismus wird vor allem die Meditation, also der Samadhi in den vier Vertiefungen gelehrt. Im Zen-Buddhismus ist dies die Praxis des Zazen, die vierte Vertiefung.

Vers 3
Die von Nagarjuna beschriebene Einsheit und Verschmelzung sind nicht von irgendetwas anderem abhängig. Also gehört die Verschmelzung und auch nicht zu etwas anderem.

Die Wirklichkeit ist genauso wie sie ist, direkt vor uns, und es gibt keine Trennung in verschiedene Bereiche. Eine Trennung ist auch in Zukunft unmöglich, wenn wir irgendwelche Veränderungen unterstellen.

Vers 4
Die Wirklichkeit existiert nur im Augenblick und nicht in der linearen Zeit, mit der wir verschiedene Zustände vergleichen können. Derartige Vergleiche sind aber mentale Vorgänge im Gehirn und nicht die Wirklichkeit selbst. Bei der Wahrnehmung im Augenblick gibt es also keine Änderung, dazu ist der Augenblick zu kurz.

Diese Welt ist schön und von tiefer Wahrheit durchdrungen. Die Dinge und Phänomene existieren genauso wie sie sind, und im Augenblick gibt es keine Abweichungen von ihrer ursprünglichen Form.

Vers 5
Der Unterschied zwischen einer bestimmten Sache und einer anderen Sache ist sehr klar. Auch wenn bestimmte Dinge und Phänomene unklar sind, sind sie sich selbst gleich. Sie haben nicht unterschiedliche Charakteristika. Sie manifestieren sich niemals als von sich selbst verschieden, sie sind die direkte Wirklichkeit

Vers 6
Es ist nicht möglich den Unterschied zwischen den Dingen zu überwinden. Jeweils zwei Dinge sind daher unterschieden und ein solcher Unterschied lässt sich nicht aufheben.

Wir definieren die Dinge, indem wir ihre Charakteristika von anderen unterscheiden. Nagarjuna benutzt diese Ausgangslage, um zu beweisen, dass die Einheit, die im Buddhismus gelehrt wird nicht dadurch zustande kommt, dass getrennte Dinge zusammengefügt oder zusammengedacht werden. Die Einheit einer Sache ist ursprünglich und wird nicht im Nachhinein erwirkt.

Vers 7
In einer einzigen Sache kann es keinen Unterschied in sich geben, weil Unterschiede immer zwischen verschiedenen Dingen und Sachen bestehen.

Die von Nagarjuna beschriebene Verschmelzung ist die Wirklichkeit selbst und nicht nur eine Vorstellung oder Einbildung.

Wenn wir annehmen, es gibt überhaupt keine Existenz und Wirklichkeit in der Welt, ist es dasselbe, als wenn wir nur in Abstraktionen denken und leben. Dann gibt es auch nicht die Einheit, die hier als Verschmelzung bezeichnet wird.

Vers 8
Die wirkliche Verschmelzung und Einheit sind die grundlegende Situation aller Dinge und Phänomene in dieser Welt. Aber die Einheit basiert nicht auf subjektiveb Dingen und Phänomenen und ist auch nicht in ihnen enthalten.

Verschmelzung und Einheit basiert nicht auf etwas, was subjektiv davon unterschieden ist. Die Verschmelzung kann niemals mit etwas kombiniert werden, das nicht verschmolzen ist.

Verschmelzung ist also keine Ansammlung von Dingen und Phänomenen, die zusammengebracht werden. Verschmelzung und nicht Verschmolzenes können auch nicht im Wettstreit oder im Kampf miteinander sein.


Dôgen betont dies, weil die Einheit und Verschmelzung die Wirklichkeit selbst ist. Sie ist im Augenblick des Handelns wirksam

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